Weltgeschichte in Potsdam: Das Schloss Cecilienhof

Autor Leon Eber

Schloss Cecilienhof wurde von 1914 bis 1917 für das preußische Kronprinzenpaar Wilhelm und Cecilie (geborene Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin) gebaut. Es reiht sich ein in die Sammlung königlicher, ländlicher Refugien rund um die eigentliche Residenz im Potsdamer Stadtschloss, welche die Vorfahren des Bauherrn errichten, oder umbauen ließen so etwa Jagdschloss Königs Wusterhausen, Weinbergschloss Sanssouci oder das Landschloss Paretz.

Die idyllische Lage im weitläufigen Neuen Garten zwischen Havel und Jungfernsee erinnert heute nur noch in wenigen Details an die ursprünglich auch landwirtschaftliche Nutzung des Geländes – so etwa die Meierei. Diese diente ursprünglich zur Versorgung der Schlossherren mit Molkereiprodukten, heute wird hier Bier gebraut und ausgeschenkt.

links: Eingang Schloss 1945 ®-SPSG │rechts: Verlobungsbild des Kronprinzenpaares © Hofphotograph Fritz Heuschkel

Bei einem Besuch von Schloss Cecilienhof deutet auf den ersten Blick wenig auf dessen weltgeschichtliche Bedeutung hin. Das nach Plänen von Paul Ludwig Trost errichtete Gebäude ist ganz im Stil eines englischen Landhauses gehalten und atmet architektonisch den Geist der „Landed Gentry“: Erker, bleiverglaste Fenster und der anheimelnde Fachwerkstil vermitteln einen Eindruck von Tradition und Beständigkeit. Wäre da nicht der große rote Stern im Blumenbeet des Innenhofes, der einen ersten Hinweis auf die bewegte Geschichte des Gebäudes gibt…

Die Ausmaße des Schlosses sind in jeder Hinsicht fürstlich: 175 Räume standen für diverse Zwecke zur Verfügung, neben Personal- und Wirtschaftsräumen vor allem für die Bedürfnisse des Paares. Darunter sechs Wohnräume für den Kronprinzen, acht für Cecilie und dreizehn Gästezimmer.

Das Einzugsdatum des Paares war allerdings ein denkbar ungünstiges: Nur ein Jahr nach der Fertigstellung des fürstlichen Wohnsitzes endete inmitten eines verlorenen Weltkriegs und einsetzender Revolution die Monarchie in Deutschland und auch dem letzten Kronprinzen von Preußen blieb nur die Flucht.

Nach einem fünfjährigen Asyl in den Niederlanden konnte Wilhelm – von nun an ohne seine Frau – in sein Schloss zurückkehren, das ihm 1926 vom preußischen Staat zur Nutzung auf Lebenszeit überlassen wurde. Gedankt hat er es der neuen Republik nicht, in der er von nun an lebte. Er engagierte sich vehement republikfeindlich, knüpfte Kontakte in das rechte und rechtsradikale Milieu und empfing ab den 1930er Jahren das „Who is Who“ der NS-Führungselite – immer in der vergeblichen Hoffnung, eines Tages doch noch den Thron zu besteigen. 

Als im Februar 1945 sowjetische Truppen das Schloss besetzten, musste der umtriebige Kronprinz abermals sein Schloss verlassen, diesmal für immer. Doch Cecilienhof verschwand damit nicht von der Bühne der Geschichte. Im Gegenteil: Aufgrund seiner Lage, den wenigen Kriegsschäden und großzügigen Räumlichkeiten wurde es 1945 zum Schauplatz der Potsdamer Konferenz erkoren und stand damit für einige Wochen im Zentrum der Weltöffentlichkeit.

Die fürstlich-repräsentativen Räume wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht renoviert und für die Bedürfnisse einer internationalen Konferenz vorbereitet. Dort wo zu Zeiten des Kaiserreichs Prinzessin Cecilie ihr Schreibzimmer hatte, richtete sich jetzt der Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU Josef Stalin ein – wie so oft gibt die Wirklichkeit die schönsten Metaphern ihrer Veränderung…

Ziel der Konferenz war die Lösung der drängendsten politischen Fragen Nachkriegseuropas. Zu diesem Zweck trafen sich die „großen Drei“ – Harry S. Truman, Winston Churchill und Joseph Stalin – mitsamt ihren Delegationen in Potsdam. Die von Anfang an spannungsgeladene Konferenz entwickelten sich zu einem veritablen Drama, mit tiefgehenden Folgen für die europäische Nachkriegsordnung.


Wer mehr über die Potsdamer Konferenz, ihre Hintergründe und ihren Ablauf erfahren will, dem sei das Sonderheft der MARK BRANDENBURG zum Thema empfohlen. Hier lässt sich unter anderem die Konferenz aus der Sicht der jungen Stenotypistin Joy Milward kennenlernen oder über die sinistren Aktivitäten der sowjetischen Militärspionageabwehr „Smersch“ in Potsdam lesen.


Und wer die wechselhaften Verläufe deutscher, europäischer und internationaler Geschichte an einem architektonisch interessanten Gebäude miterleben will, sollte nicht zögern, das Schloss Cecilienhof zu besuchen. Das beindruckende Interieur – mitsamt den erhaltenen Konferenzräumen, in denen Geschichte geschrieben wurde – macht die Vergangenheit greifbar.