Lebensraum Moor

Nachts durch ein Moor zu wandern – welch Abenteuer! Doch Moore sind auch tagsüber ein faszinierender Ort. Brandenburg setzt sich aktiv für deren Schutz ein. Und macht sie für den Menschen erlebbar.

Es gibt sie wirklich. Irrlichter, auch Sumpflichter genannt, die nachts im Moor aufleuchten und in etlichen Sagen
auftauchen. Erst hat die Wissenschaft das Phänomen als Aberglaube abgetan, doch mittlerweile ist eine mögliche
Ursache gefunden: Schwefelgas. Es entsteht, wenn Pflanzen im Wasser verfaulen. Unter Umständen kann es sich beim Kontakt mit Sauerstoff selbst entzünden. Ein helles Leuchten mitten in der Nacht. Und dann gibt es noch biolumineszierende Pilze, die leuchten wie in Science-Fiction-Filmen. Und das sind nur zwei Beispiele, wie spannend und geheimnisvoll Moore wirken können.

Brandenburg gehört zu den moorreichsten Bundesländern. Alle Moore in und um Berlin sind grundwassergespeist und werden daher als Niedermoore oder Grundwassermoore bezeichnet. In den Bergen, an der Küste oder in der Arktis gibt es zudem noch Regenwassermoore, auch Hochmoore genannt. Dort regnet es mehr, als Wasser verdunsten kann. Diese Moore sind, auch wegen des Klimawandels, in Deutschland selten geworden.

Noch vor 200 Jahren bedeckten Moore über 300.000 Hektar allein in Brandenburg. Zum Vergleich: Die Landeshaupstadt Potsdam und die Stadt Berlin messen etwa zusammen 108.000 Hektar. Einige Gegenden, wie das Havelland, waren quasi ein einziges großes Moor. Ortsnamen mit Endungen wie „-fehn“, „-luch“ oder „-bruch“ erinnern an alte Moorregionen. Die Preußenkönige, aber auch die DDR, haben die Biotope trockenlegen lassen. Heute hat Brandenburg immerhin noch 166.000 Hektar Moor. So zählt der gesamte Spreewald dazu, Brandenburgs beliebtestes Tourismusziel. Insbesondere wegen der herausragenden Bedeutung für das Klima sollen es in Zukunft wieder mehr werden. „Moore bedecken drei Prozent der Landflächen, in ihnen wird jedoch doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert wie in allen Wäldern weltweit“, sagt Ireen Werner, Projektleiterin „Alleskönner Moor“ beim BUND Brandenburg. Oder anders ausgedrückt: Moore sind die effektivsten CO2-Speicher der Natur, effektiver als ein Wald. Und andersrum ist deren Zerstörung eine große Gefahr für
das Klima, denn das gespeicherte CO2 kann auch schnell wieder entweichen. „Bei der Entwässerung kommt der über Jahrtausende im Torf gebundene Kohlenstoff mit Sauerstoff in Berührung und oxidiert. Damit gelangen nicht nur riesige Mengen CO2 in die Atmosphäre, sondern auch das über 300 Mal klimaschädlichere Lachgas (N2O)“, heißt es beim NABU. Um Moore noch besser schützen zu können, hat sich die Initiative MoorFutures gegründet. Mit dem Kauf von Moor-Zertifikaten können Anleger den Erhalt von Mooren unterstützen. Auch in Brandenburg (moorfutures-bb.de).

Für unsere Vorfahren waren Moorflächen vor allem eines: lebensfeindliches, nutzloses Ödland. Daher wurden sie jahrhundertelang entwässert und in land- oder forstwirtschaftliche Flächen umgewandelt. Auch besteht bis heute die Sorge, man könne im Moor versinken. Auch das ist ein Mythos. „Der Mensch besteht zum größten Teil aus Wasser und hat somit eine geringere Dichte als die Oberfläche des Moores. Wir sinken zwar ein, bleiben dann aber stecken wie eine halb volle Wasserflasche im See, sagt die Expertin vom BUND.

Man kommt stets mit eigener Kraft wieder hinaus. Aus Sicherheitsgründen ist es aber ratsam, mit Begleitung ein Moor zu erkunden. Und warum findet man dennoch so oft Tote? „Die sogenannten Moorleichen wurden mit Steinen beschwert und im Moor versenkt. Aufgrund der guten onservierungseigenschaften sind die Moorleichen bis heute gut erhalten und können Aufschluss über die Lebensweisen unserer Vorfahren geben“, sagt Ireen Werner. Einige dieser Funde sind bereits über 1000 Jahre alt und wirken wie gerade erst hineingefallen.

Der Sauerstoffmangel im Moor und die vorhandenen Huminsäuren, die auch gerne in der alternativen Medizin eingesetzt werden, sorgen dafür, dass Mikroorganismen, die sonst für Verwesung sorgen, nicht existieren können. Die Zusammensetzung im Boden führt zur Bildung des Torfes. Das Moorwasser hat einen niedrigen pH-Wert (um die 3,4–3,7), kaum noch Nährstoffe und nur wenig Sauerstoff, sodass die Zersetzung pflanzlicher Substanzen gehemmt ist. Die Pflanzen werden zu Humus und später zu Torf, am Ende entsteht Kohle. All das dauert. In einem Jahr bildet sich etwa ein Millimeter Torf. Ein Moor braucht daher mehrere Tausend Jahre, um zu entstehen.

Neben ihrem wichtigen Beitrag zum Klimaschutz gelten Moore zugleich als wichtiger Lebensraum für bedrohte Tiere und Pflanzen. Waldwasserläufer, Sonnentau, der Moorfrosch und sogar Schildkröten sind im deutschen Moor zu finden. Brandenburg hat die Notwendigkeit erkannt, das Moor zu schützen, und 2019 eine Moorschutz-Richtlinie erlassen. Landwirte können Fördergelder beantragen, wenn sie auf ihren Feldern „moortypische Pflanzen“ anbauen. Und auch viele andere Maßnahmen werden finanziell unterstützt. So sollen bestehende Moore nicht nur erhalten, sondern trockengelegte wieder renaturiert werden. Eine Aufgabe für Generationen. Wie spannend und erhaltenswert Moore sein können, zeigen die folgenden vier Moore.

Info
Laut BUND wurden bis heute etwa 99 Prozent aller Moore entwässert und abgebaut oder land- und forstwirtschaftlich genutzt. Das hat weitreichende Folgen: Durch das Trockenlegen werden nicht nur schädliche Klimagase freigesetzt, es verschwinden dabei Lebensräume für bedrohte Tier- und Planzenarten, wie etwa der rundblättrige Sonnentau (r.).
Durch die Austrocknung des Torfkörpers verliert das Moor wichtige Nährstoffe sowie seine Filterfähigkeit für das zuströmende Grund- und Oberflächenwasser. Der BUND nimmt sich darum aktiv der Renaturierung der Moore an
und setzt Wiedervernässungs-Projekte um.

Text Martin Hildebrandt, Fotos: Adobe Stock / Konstantin, Monika Spigelebild, Astrid Liepe,Fotos: Michaela, Daniel Klaucke, Ireen Werner, Adobe Stock / bennytrapp veröffentlicht im Landurlaub Brandenburg 2020